The Shape of Water – Das Flüstern des Wassers

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Wie ein Fisch gleitet die Kamera durch grünlich schimmerndes Wasser – hinein in einen Korridor, eine Wohnung, bis in ein Wohnzimmer. Alles ist von Wasser überflutet. Eine Frau schwebt über einer Couch. Sie schläft. „Träumt sie das alles hier?“, frage ich mich als Zuschauende. Die Gegenstände schweben ebenfalls, der Wecker klingelt, vorbei der Traum. So beginnt der Film „The Shape of Water – Das Flüstern des Wassers“ des Regisseurs Guillermo del Toro.

Handlung von „The Shape of Water“

Baltimore, Anfang der Sechzigerjahre. Für die stumme Elisa (Sally Hawkins) verläuft jeder Tag gleich: Aufstehen, Eier kochen, in der Badewanne masturbieren, zur Arbeit fahren. Sie fährt mit dem Bus zu der geheimen Militärbasis, in der sie jeden Tag putzt. Elisa kommt beinahe zu spät. Doch zum Glück hat ihr ihre Freundin Zelda (Octavia Spencer) einen Platz an der Stechuhr freigehalten. Klack! Und die Arbeit beginnt aufs Neue.

Jeder Tag wird bestimmt von Uhren, Plänen und dem Willen der Männer, die die Anlage leiten. Darunter auch Elisas Vorgesetzter Richard Strickland (Michael Shannon). Strickland zerkaut gern so laut Bonbons, dass es so klingt, als zermalme er Steine. Außerdem pinkelt er freihändig in das Pissoir, welches die Damen kurz zuvor gesäubert haben. Spätestens als klar wird, was er in den Laboren treibt, ist jeder noch so kleine Funke an Sympathie verflogen. In der Anlage hält er in einem überdimensionalen Wassertank ein sonderbares Wesen gefangen: halb Amphibie, halb Mensch (Doug Jones). Er studiert das Wesen nach seinen ganz eigenen Methoden. Grund dafür: er will die Fähigkeiten des Wesens verstehen, um sie im kalten Krieg für Amerika zu Nutze machen zu können.

Eben jenes Wesen entdeckt Elisa eines Tages beim Saubermachen. Zunächst nur fasziniert von ihm besucht sie es heimlich jeden Tag. Langsam bauen die beiden eine zarte Beziehung auf, die von vielen gekochten Eiern und Jazz-Musik begleitet wird. So lebendig, wie mit ihm, hat sie sich noch nie zuvor gefühlt. Als Elisa erfährt, dass ihr Wassermann getötet werden soll, ist ihr klar: sie muss ihn befreien.

Ist „Shape of Water“ ein Märchen für Erwachsene?

Del Toro: Märchen sind für Erwachsene! In einer Szene gibt es einen Kuss unter Wasser, ein Schuh löst sich vom Fuß der Frau und sinkt in die Tiefe. Bilder wie diese lassen uns den Zauber der Welt wiederentdecken, den wir einst als Kinder empfunden haben. Märchen lassen uns die Welt mit anderen Augen sehen.

Guillermo Del Toro im Interview mit Spiegel Online

Notiz am Rande: Guillermo del Toro, mexikanischer Regisseur, Drehbuchautor, Schriftsteller,  und Filmproduzent, wurde 1964 in Guadalajara (Mexiko) geboren. Unter anderem entstammen Filme wie „Pans Labyrinth“, „Hellboy“ und „Pacific Rim“ seiner Feder. „The Shape of Water“ ist auch als Taschenbuch erhältlich. (Deutsche Ausgabe: Knaur Taschenbuch, März 2018, Guillermo del Toro, Daniel Kraus, Übersetzung: Kerstin Fricke)

© Knaur, Quelle: Amazon

Meine Meinung zu „The Shape of Water“

„The Shape of Water – Das Flüstern des Wassers“ erzählt eine beinahe märchenhafte Liebesgeschichte zwischen Elisa und ihrem Fischmann. Doch was macht diesen Film so außergewöhnlich?

Facettenreich – Charaktere

Das Ungeheuer ist nicht, wie erwartet, das Fischmonster. Nein, es sitzt hinter dem Schreibtisch und quält seine Mitmenschen täglich auf die unterschiedlichsten Arten. Mit Richard Strickland ist den Machern ein Bösewicht gelungen, den man nur zu gern hasst. Doch auch Bösewichte haben einen Grund für ihr Handeln…

Elisa, zu Beginn ein stilles Mäuschen, entwickelt sich im Laufe der Handlung immer mehr zu einer Kämpferin, die alles für ihren Fischmann aufs Spiel setzt. Sie scheint mit ihrer außergewöhnlichen Persönlichkeit nur bei ihm auf wahres Verständnis zu stoßen. So entwickelt sich eine innige Verbindung, die keiner der Umstehenden zu begreifen vermag.

Elisas beste Freundin Zelda muss man einfach ins Herz schließen. Sie lässt rassistische und frauenfeindliche Bemerkungen an sich abprallen, ist stets herzlich und bleibt auch in den schwierigsten Situationen stark. Als die Freundschaft der beiden auf die Probe gestellt wird, hält sie tapfer zu Elisa, obwohl sie damit nicht nur sich in Gefahr bringt.

Natürlich gibt es noch andere tolle Charaktere, aber sie alle mit ihren Besonderheiten hier aufzuzählen, würde den Beitrag sprengen. 😉

Ein Spiegel der Zeit – Gesellschaftskritik

In „The Shape of Water“ werden viele gesellschaftliche Aspekte der damaligen Zeit aufgegriffen und kritisiert. Da gibt es Strickland: der Inbegriff von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz. Es geht um Homophobie: Giles, der eiskalt von dem Kellner abserviert wird, für den er schon seit Wochen Kuchen isst, der ihm eigentlich gar nicht schmeckt. Auch der Aspekt des Rassismus findet sich wieder: eben jener Kellner ist es, der ein dunkelhäutiges Paar aus seinem Lokal wirft, weil ihresgleichen dort nichts zu suchen hätten.

Gestaltung

Gestalterisch ist „The Shape of Water“ ein wahrer Augenschmaus. Jedes Detail ist wichtig: ob es nun der Blutfleck ist, den der Schlagstock auf dem weißen Waschbecken hinterlässt (und der einen ersten Hinweis darauf gibt, was Strickland in seinen Experimenten macht) oder die Wasserperlen, die Elisa auf magische Weise miteinander verbindet. Es sind diese Kleinigkeiten, die den Film ausmachen.

Wer eher auf Action und Düsternis steht, wird in der zweiten Hälfte des Filmes zufriedengestellt. Strickland will sein gestohlenes Experiment nämlich mit allen Mitteln zurückbekommen und schreckt vor keiner Art der Gewalt zurück.

Nicht unerwähnt möchte ich auch die musikalische Gestaltung des Filmes lassen. Alexandre Desplat (komponierte bereits für: Der Ghostwriter, Harry Potter und die Heiligtümer des Todes II, The Imitation Game, uvm.) hat einen perfekt zum Film passenden Soundtrack komponiert. Seine Musik ist wie das Wasser selbst: manchmal leicht, verträumt und zum Treibenlassen, dann wieder düster, kraftvoll und unberechenbar wie die stürmische See.

„The Shape of Water“ ist für jeden etwas, der auf eine leicht verträumte, märchenhafte Liebesgeschichte mit der richtigen Menge an Düsternis steht. Fans von „Pans Labyrinth“ werden sicherlich nicht enttäuscht, auch wenn die Atmosphäre in diesem Film nur halb so bedrohlich ist.

Für Lesewütige:

Wenn Du Dich für Filme interessierst, hier habe ich den Film „Red Sparrow“ genauer unter die Lupe genommen:

Vorgestellt: „Red Sparrow“ – Beruht der Film auf wahren Begebenheiten?

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