Ausgefragt: Christoph Zachariae im Interview

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Zu Besuch bei den Moorbewohnern: Christoph und ich am Teufelsseemoor in Köpenick. 

Im letzten Beitrag habe ich bereits sein erstes Buch vorgestellt. Diese Woche ist er persönlich zu Besuch bei Gedankenkost: Christoph Zachariae.

Warum er etwas gegen Kekse hat, wieso Mega rothaarig ist und welchen Tipp er bei einer Schreibblockade hat – das alles erfährst du in diesem ausführlichen Interview. Lerne den Autor der Ödland-Reihe von seiner persönlichen Seite kennen!

Ausgefragt: Christoph Zachariae im Interview

Während wir über den Flohmarkt am Boxhagener Platz schlenderten, entdeckte Christoph einen Comic, den er schon seit Längerem suchte. Einen Stand weiter zeigte er mir abgefahrene Sci-Fi Zeichnungen im Postkartenformat. Ist an ihm vielleicht ein Nerd verloren gegangen? 😉

Vom Autor…

1. Auf deinem Blog findet man verschiedene Fallout-Screenshots und in anderen Interviews hast du bereits erzählt, dass du gern Videospiele spielst. Würdest du von dir selbst sagen, dass du ein kleiner Nerd bist?

Christoph (lachend): Das ist schwierig. Man selbst glaubt ja immer, man sei kein Nerd. (lacht wieder) Ich spiele viel und auch gern Computerspiele. Bevor wir uns getroffen haben, habe ich auch ein Spiel gespielt. DEUS EX: Mankind Divided. Ich spiele auch Brettspiele in einer Spielegruppe und entwickle selbst gerade ein Brettspiel. Einer aus der Spielegruppe nennt uns auch immer Nerds. Aber ich würde mich selbst nicht unbedingt als Nerd bezeichnen. Das nerdige ist ja, dass du dich super krass auf eine Sache fokussierst und alles andere sehr viel später kommt. Das ist bei mir nicht der Fall.

Wir unterhalten uns über verschiedene Brettspiele und ich frage Christoph:

Spielt ihr auch Dungeons and Dragons?

Christoph: Momentan nicht, da das ein sehr komplexes Spiel ist und es sehr viele Regeln zu lernen gibt. Dafür reicht die Zeit leider nicht. Aber ich habe noch das komplette Regelwerk bei mir zu Hause zu stehen. Oh man, ich glaube ich bin doch schon ein bisschen nerdig. 

2. Was ist deine geheime Superkraft? Was kannst du gut?

Christoph: Meine geheime Superkraft? (lacht) Naja, also ich mag Superhelden überhaupt nicht. Das ist etwas, womit man mich jagen kann. Ich kann mit diesen ganzen Superhelden nichts anfangen, außer vielleicht mit Hellboy. So eine richtige Superkraft? Da habe ich keine. Wenn, dann wäre es vielleicht am ehesten das Schreiben. Dass ich es hinbekomme, mit Konzentration, aus einem vielleicht nicht so guten Text einen guten bis eventuell sehr guten oder zumindest spannenden zu machen, der dich reinzieht. Aber das würde ich nicht als Superkraft bezeichnen. Eine Superkraft wäre es, wenn ich sofort den perfekten Text abliefern könnte.

Aber so gesehen ist deine Superkraft dann doch die Ausdauer oder?

Christoph: Ja, so gesehen schon. Vielleicht, dass ich noch nicht aufgegeben habe. (lacht)

3. Was ist dein Kryptonit? Oder jetzt, wo ich weiß, dass du keine Superhelden magst: Was schadet dir? 

Christoph: Ich habe die Angewohnheit, wenn mir jemand auf den Sack geht, zu stark auszuweichen. Also alles, was mich belastet, versuche ich aus meinem Leben herauszuhalten. Vor allem einseitige Freundschaften oder Menschen, die schlechte Energie verbreiten, versuche ich zu meiden. Wenn eine Beziehung zu einer Belastung wird, ziehe ich mich da raus. Erst hinterher merkst du, wieviel Energie dich diese Beziehung gekostet hat. Du stellst fest, wie viel Energie du da reingesteckt hast und wie wenig zurückkam.

Vielleicht reagiere ich da manchmal über und sollte ab und zu versuchen an der Beziehung zu arbeiten, bevor ich sie aufgebe.

4. Du hast deine erste Kurzgeschichte mit zwölf Jahren geschrieben. Wovon handelt sie?

Christoph: Damals gab mein Religionslehrer der Klasse die Aufgabe eine Kurzgeschichte zu schreiben. Meine Geschichte gehörte zum Genre Science-Fiction. Es gibt dort Wesen, für die die Welt relativ klein ist und die sich über die Menschen lustig machen, dass sie sich so abrackern und alles so ernst nehmen. Für diese Wesen ist die Welt nur eine kleine Kugel und sie sind sozusagen die Götter wie die großen Alten in den Romanen von H.P. Lovecraft. Es geht quasi darum, dass das Streben der Menschen unbedeutend ist.

Erste Geschichte von Christoph Zachariae:

Sie schufen ein intelligentes Wesen. Es verbrannte seinen Lebensraum, verseuchte ihn mit Chemikalien und radioaktivem Material. Es war rücksichtlos, rachsüchtig und habgierig. Es tötete Seinesgleichen aus Größenwahnsinn. Es konnte nie genug bekommen. Es wollte von der Erde weg, noch mehr erobern und zerstören.

Sie lachten über dieses Wesen. Sie amüsierten sich über seine Naivität und seinen Starrsinn. Schließlich wurde ihnen das Spiel zu langweilig:

Sie sahen keinen Sinn mehr darin.

© Nasa (unsplash)

…übers Schreiben…

5. Wie schreibst du? Was muss immer dabei sein – Tee, Kaffee, Kekse?

Christoph (lacht): Auf keinen Fall Kekse! Ich esse super gern Kekse! Aber ich kaufe keine mehr, denn sobald etwas da ist, esse ich es auch auf. Ich höre nicht auf zu essen, bis die ganze Packung leer ist. Nein das ist zu gefährlich. Also auf keinen Fall Kekse. Und auch bei Kaffee muss ich mittlerweile vorsichtig sein. Also eigentlich brauche ich nur Wasser. Und Ruhe. Ich mache dann die Vorhänge zu und erschaffe mir eine Art Dämmerlicht. Andere Aufgaben müssen erledigt sein. Ich muss einen freien Kopf und einen leeren Schreibtisch haben.

6. Wie stimmst du dich auf das Schreiben ein? Gibt es eine Art Ritual?

Christoph: Hm, nein. Also, ein Ritual gibt es nicht. Bevor ich schreibe, bin ich in Gedanken schon an der Stelle und überlege mir, was passiert. Mal hängt es, mal geht es schneller. Wichtig ist, dass man dranbleibt. Nur du kannst dir den Arschtritt geben, um dran zu bleiben. Mein Ziel ist es mindestens 1500 Wörter am Tag zu schreiben. Aber momentan überarbeite ich, was noch einmal eine ganz andere Art von Arbeit ist. In dieser Phase stehe ich nicht auf, bevor ich zwei Stunden am Stück gearbeitet habe. Pro Tag mache ich zwei Schichten à zwei Stunden.

Wenn ich das mal nicht schaffe, geht es mir schlecht. Dann habe ich das Gefühl, ich wäre faul. (lacht)

7. Auch, wenn du deine Bücher sehr genau plottest, warst du schon mal das Opfer der berühmten Schreibblockade? Was hast du gemacht und was könntest du anderen raten?

Christoph: Tatsächlich nicht. Also der Anfang ist natürlich am schwierigsten – die Welt zu definieren, den Rhythmus zu finden. Ist man erstmal im Flow, geht es. Wenn ich mal an eine Stelle komme, an der ich beim Plotten einen Fehler gemacht habe, dann versuche ich das Problem so genau wie möglich zu beschreiben. In einer separaten Datei schreibe ich alles auf. Je genauer du beschreibst, warum es nicht funktioniert, desto eher findest du eine Lösung. Das hat bis jetzt immer geklappt.

So kann auch niemand behaupten, du hättest eine Schreibblockade. Du schreibst ja. Zwar ist das Geschriebene dann nur für dich, aber du tust etwas um voranzukommen.

Also das Wichtigste ist: Dranbleiben, Problem einkreisen, Lösung formulieren.

8. Hast du manchmal Angst, dass ein Projekt schiefgehen könnte? Schließlich hängt ein Stück weit auch dein Einkommen davon ab? 

Christoph: Ich bin momentan Autor und Kameramann für Image-Filme. Ein zweites Standbein sollte man, meiner Meinung nach, haben. Vom Finanziellen mal abgesehen, brauche ich die Abwechslung zwischen dem Schreibtisch und dem Stress beim Dreh. Bei Drehs bekomme ich den Kopf frei und muss kurz nicht mehr an meine Geschichte denken. Das Drehen ist quasi der Ingwer für mein Romansushi. Es neutralisiert meine Geschmacksnerven, damit sie frisch und wach bleiben. 

Außerdem will ich ja auch nicht hinter dem Schreibtisch verschimmeln. (lacht) Als Autor hat man nicht so viel Kontakt zu anderen. Es ist ein einsamer Beruf.

9. Um Autor zu werden gibt es nicht den einen Weg. Was würdest du jemandem raten, der später vom Schreiben leben möchte?

Christoph: Also das Wichtigste ist möglichst viel zu lesen und natürlich selbst zu schreiben. Im besten Falle sollte man auch etwas erlebt haben. Damit hast du eine Grundlage für deine Geschichten. „Lucky people have no stories“. Das trifft es sehr genau.

Viele Autoren haben merkwürdige Jobs gemacht. Charles Bukowski hat in einer Schlachterei gearbeitet, Kafka war Versicherungsvertreter. Es kann nicht schaden, wenn man verschiedene Berufe ausprobiert hat. Ich selbst habe bereits an einem Sinterofen gearbeitet. Dort musste ich mit Asbesthandschuhen Schrauben in feuerfesten Schalen, in den Ofen schieben. Das war unglaublich heiß und nicht ganz ungefährlich, aber es hat mich um eine Erfahrung reicher gemacht. Außerdem war ich bei den Pfadfindern. Die sogenannten Haiks (Wanderungen) haben mich viel gelehrt. Aus diesen Erfahrungen schöpfe ich heute noch. Zum Beispiel, wenn ich eine Situation beschreibe, in der Mega nachts unter freiem Himmel schlafen muss, dann weiß ich genau wie es sich anfühlt. Der Boden ist hart, überall stechen Grashalme und Büsche und man kann von Glück reden, wenn man einen Platz findet, an dem man nachts vor Regen geschützt ist, zum Beispiel unter einer Brücke.

Zusammenfassend: Lebe, Schreibe, Lies und geh nicht einfach nur studieren. 

© Christoph Zachariae

…zum Ödland.

10. Du hast vorhin schon erwähnt, dass du gerade in der Überarbeitungsphase des fünften Teils bist. Bis wann müssen sich deine Fans noch gedulden? 

Christoph: Wenn alles gut geht, erscheint es vielleicht in einem Jahr (März 2019). Mein Traum wäre, dass es zur nächsten Buchmesse fertig wird. Aber ich möchte da auch nichts übers Knie brechen. Schließlich ist es der letzte Teil, in dem sich viele Kreise schließen und da muss alles sitzen. Es kann sein, dass ich es schaffe. Vielleicht wird es auch erst Mitte des Jahres (2019).

11. Viele Bücherwürmer träumen davon mal nach Hogwarts, Narnia oder Mittelerde zu reisen. Ist das bei dir und dem Ödland ebenfalls so? Was würdest du gern einen Tag lang dort machen? Du darfst auch danach zurück, vorausgesetzt du solltest noch leben. 

Christoph (lacht): Ich würde natürlich gern mal Mega treffen. Das wäre schon cool. Alle anderen sind ein bisschen zu gefährlich. Ausgenommen vielleicht die Unsichtbaren aus dem vierten Teil. Die würden mich immerhin nicht sofort töten.

Würdest du auch gern mal mit dem INDU fahren?

Christoph: Ja sehr gern! Am besten mit Mega um die Wette!

12. Das Abenteuer „Ödland“ ist bald schon vorbei. Was wirst du am meisten vermissen?

Christoph: Was ich tatsächlich sehr gern mag, sind die ruhigen Momente mit Mega, in denen sie dem Ödland und ihren Gedanken ausgeliefert ist. Das sind sehr berührende Momente. Das wird mir sicherlich am meisten fehlen. Aber wer weiß, was die Zukunft bringt? Vielleicht erleben wir weitere solcher Momente…

13. Das passt zu meiner nächsten Frage: Was kommt nach dem Ödland? Sind schon weitere Geschichten in Planung?

Christoph: Ich habe mir natürlich schon ein paar Gedanken zu Sequels gemacht, die auch im Ödland spielen. Auf der anderen Seite schwirren mir noch drei bis vier andere Projekte im Kopf herum. Eins davon spielt im Mittelalter, das andere ist eher Science Fiction. Mal schauen, wofür ich mich entscheide.

14. Eine Verfilmung der Reihe ist ja nicht allzu abwegig. Konkrete Pläne stehen zwar noch nicht, aber wie würdest du die Besetzung gestalten?

Christoph (lacht): Bryan Cranston als Hagen. (Walter White aus Breaking Bad) Er wurde mehrfach von Leserinnen vorgeschlagen. Ich mag ihn und finde ihn cool, aber ich sehe Hagen etwas physischer und größer. Er wird ja immer als schwarzer Riese beschrieben. Bryan könnte eher ein Stellgar sein.

Und für die Hauptrolle vielleicht Scarlett Johansson? Das ist echt schwierig. Ne, ich denke es müsste jemand Jüngeres sein. Diejenige müsste man dann neu casten und das wäre ein aufwändiger Prozess. Es gibt so viele Figuren, die man casten müsste. Da käme eine ganze Menge Arbeit auf mich zu.

15. Noch eine abschließende Frage: Was hast du im Laufe deines Lebens gelernt? Was würdest du deinem jugendlichen Ich mit auf den Weg geben?

Christoph: Hm… also meinem jugendlichen Ich würde ich wahrscheinlich nur raten, nicht so unsicher zu sein. Meine Unsicherheit wurde immer als Hochnäsigkeit ausgelegt. Es gab da damals eine rothaarige Frau und zu der war ich ziemlich abweisend. Vielleicht ist Mega deshalb rothaarig, wer weiß? Ich würde meinem jugendlichen Ich raten, es mit dieser Frau zu versuchen.

Also du würdest dir selbst raten, offener zu sein?

Christoph: Ja, offener und lockerer was einige Dinge betrifft. Das wäre manchmal hilfreich gewesen.

Mittlerweile ist Christoph zu diesem lockeren und offenen Menschen geworden. Er lacht gern und ist ein sympathischer Typ, mit dem man sich auch mal zum Zocken verabreden kann.

Danke für das nette Interview. 😀

Hagen (der schwarze Riese) und Mega © Christoph Zachariae

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